Botschafterin Ukraine: «Nach dem Krieg droht ein Desaster»

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Ukrainische Botschafterin«Kommen die Menschen nach dem Krieg nicht zurück, gibt es ein Desaster»

20 Minuten hat die ukrainische Botschafterin in Bern zum Interview getroffen. Sie erklärt, wie die Ukraine dafür sorgen will, dass die Menschen nach dem Krieg zurückkehren.

Darum gehts

  • 20 Minuten hat die ukrainische Botschafterin Iryna Wenediktowa in Bern zum Interview getroffen. 

  • Im ersten Teil des Interviews nahm sie Stellung zu Alain Bersets Aussagen zu Verhandlungen mit Putin.

  • Im zweiten Teil spricht sie über die Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die wegen des Kriegs geflohen sind – und darüber, wie sie nach dem Krieg wieder in die Heimat geholt werden sollen. 

Frau Botschafterin, sprechen wir über die geflüchteten Ukrainer in der Schweiz. Wie ist die Stimmung?

Iryna Wenediktowa*: Der Schutzstatus S hilft sehr beim Finden von Arbeit oder einer Ausbildung, Offiziell sind 76’000 Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus S hier. Neuntausend sind in die Ukraine zurückgekehrt. Inoffiziell sind es aber bis zu 100’000 Menschen aus der Ukraine, die hier leben.

100’000?

Ja. Vor dem Krieg lebten 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz. 76’000 haben den Schutzstatus beantragt. Der Rest lebt in anderen Aufenthaltssituationen, zum Beispiel als Studenten, Arbeiter oder inoffiziell hier.

Möchten sie alle hier bleiben?

Nein, fast alle wollen zurück in die Ukraine. Doch leider ist die Ukraine im Moment nicht sicher. Gerade letztes Wochenende gab es wieder grossflächige Raketenangriffe im ganzen Land. Wir können den Leuten nicht sagen, dass sie zurückkommen können, und dann werden sie von russischen Raketen getötet. Wir können die Menschen erst zurückholen, wenn wir gewonnen haben.

Wollen die Menschen auch noch zurück, wenn der Krieg noch lange dauert?

Wenn der Krieg noch lange dauert, gibt es tatsächlich grosse Fragezeichen. Millionen von Ukrainerinnen und Ukrainern haben das Land verlassen und leben seit über einem Jahr in anderen Gesellschaften. Für uns als Behörden ist das natürlich schmerzhaft.

Wieso?

Wir brauchen diese Menschen, um eine neue Ukraine aufzubauen, sobald der Krieg vorbei ist. Wenn sie einen Job gefunden haben, vielleicht geheiratet haben, und nicht zurückkehren wollen, wird das ein Desaster. Für den Staat, aber auch für die Familien, die jetzt getrennt leben und so vielleicht nicht mehr zusammenfinden werden.

Wie wollen Sie die Menschen zurückholen?

Im Moment sind sie noch stolz auf ihren ukrainischen Pass. Es wird unsere Aufgabe sein, ihnen in der neuen Ukraine bessere Bedingungen als in anderen Ländern zu bieten, sodass sie zurückkehren wollen.

*Iryna Wenediktowa ist seit November 2022 Botschafterin der Ukraine in Bern. 

Das ganze Videointerview findest du in voller Länge oben.  

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